Wer mich kennt weiß, dass ich gerne experimentiere und ständig auf der Suche nach ausgefallenen Rezepten bin. Dieses Frühjahr ist es wieder soweit und ich werde mich einer ganz besonderen Spezialität widmen: Pulled Schwan. Mit Hilfe der Sportfreunde vom Grillclub Langhals e.V. habe ich ein Rezept erarbeitet, das ich mit euch teilen möchte …
Es klingt außergewöhnlich und waghalsig, dennoch wird sich dieses – zugegebenermaßen auch durchaus kostspielige Experiment – hoffentlich auszahlen. Und da ich selbst bis dato noch relativ unbewandert auf dem Gebiet des Grillens von Tieren aus der Gänsegattung bin, habe ich mir Verstärkung mit Expertise gesichert: Der Grillclub Langhals e.V. (von 1985) hat sich auf die Zubereitung von eben jenen Tierarten spezialisiert, deren Körperpartie zwischen Rumpf und Kopf eine besonders ausgeprägte Form annimmt. Um von dieser Erfahrung zu profitieren, weitere Kontakte zu knüpfen und das eigene Wissen zu erweitern, habe ich den Kontakt zum Vereinsvorstand Waldemar Gneisig gesucht, der mir bei der Umsetzung des Pulled Schwan mit Rat und Tat beiseite steht – herzlichen Dank dafür!
Rezept für Pulled Schwan, nach Lower & Slower-Art
Man kennt es: Kurzgeratenes vom Schwan hat oftmals einen recht tranigen Geschmack und auch die schonende Langzeitgarung mit Zeiträumen von acht bis zwölf Stunden erzielt nicht den gewünschten Effekt. Es fehlt dem dann oft ledrig anmutenden Fleisch an geschmeidiger Konsistenz und der Abgang zeichnet sich durch einen nachschmeckenden Ton mit leichten Säurenoten und prägnanter Bitterkeit aus.
Schonende Zubereitung im Segment Schwan kann daher nicht wie übliches Low & Slow Cooking gefasst werden – hier sind Sachverstand und Erfahrung gefragt, der Griff in die Trickkiste muss tiefer erfolgen. Und so berichtete Waldemar mir von einer Methode, die er zusammen mit zwei weiteren Gründungsvätern der Langhälse einst im Rahmen einer mehrwöchigen Exkursion durch den Süden Brasiliens erfand: Lower & Slower-Cooking.
Lower & Slower-Cooking: Heute schon an nächste Woche denken
Beim Lower & Slower Cooking wird das Fleisch nicht wie beim üblichen BBQ-Garprozess über einen Zeitraum von 6 bis 24 Stunden zur anvisierten Kerntemperatur gebracht. Die Garung erstreckt sich hierbei über mehrere Tage – nicht selten sprechen wir von einen Zeitraum zwischen fünf und sieben Tagen, in denen das Fleisch zur Vollendung gedeiht. Dabei ist es von äußerster Bedeutung, dass die Garraumtemperatur nie die letztendliche Zielkerntemperatur des Fleischs übersteigt. Durch diese besonders schonende Zubereitung erhält man – insbesondere bei sonst als ungenießbar geltenden Tierrassen – erstaunlichste Ergebnisse.
Da man das Fleisch über diesem langen Zeitraum natürlich ideal mit einer dezenten Rauchnote veredeln kann, haben wir uns auch hier zu einem ambitionierten Schritt entschieden. So werden wir beim Räuchermaterial auf eine FairTrade Organic Rindenmulch Mischung zurückgreifen, welche vergangenes Jahr im Rahmen der Bundesgartenschau mit einem Sonderpreis für Aromenvielfalt ausgezeichnet wurde.
Kommen wir zum Hauptbestandteil: Folgende zwei Exemplare der Gattung Coscoroba wurden von uns auserkoren …
Nur vom Feinsten: Dry Aged Coscoroba
Es sei dabei gesagt, dass es sich bei den Coscorobaschwänen um eine spezielle und eigene Gattung Schwan handelt: Sie sind in den Sümpfen Südamerikas beheimatet und wachsen dort sehr behütet und unter strengen Artenschutzbestimmungen in der Umgebung schilfbewachsener Seen auf. Nach vier Jahren der behutsamen Aufzucht wurden die zwei zur feierlichen Zubereitung ausgewählten Tiere in einem mehrstufigen Umsiedelungsprozess an das hiesige Klima gewöhnt: Über insgesamt 13 Stationen, an denen sie jeweils zehn Tage verweilten, wurden sie seit vergangenem Spätsommer nach Norddeutschland verbracht, wo sie nun ihrer Zubereitung im Chuckwagon Smoker der Grillsportfreunde Langhals entgegensehnen.
Da sie so besonders ist, lasst mich ruhig noch ein paar Worte über diese spezielle Gattung verlieren: Coscoroba ist quasi das Kobe der Gänse und die Schwäne ernähren sich fast ausschließlich von Muscheln und Austern, was sie ungemein saftig macht. Während der Trockenreifungsphase von vier Wochen verliert ihr hervorragend marmoriertes Muskelfleisch nur etwa 10% an Gewicht. Insbesondere die feine Durchsetzung der Keulen mit intramuskulärem Fett prädestiniert diese Gattung zum Lower & Slower Cooking für Feinschmecker: Während des mehrtägigen Garprozesses entsteht durch die langsame Verschmelzung von hydrolysiertem Kollagen und den Muskelpartien eine feine und intensive Mischung aus Aromen, die absolut nichts mit dem tranigen Beigeschmack von kurzgebratenem Standardschwanenfleisch zu tun hat.
Nun heißt es warten – doch wie sagt man so schön: Vorfreude ist die schönste Freude und ich bin schon sehr gespannt auf das Wochenende der Zubereitung!
Update 02.04.2016: Bei diesem Artikel handelt es sich selbstverständlich um einen Aprilscherz.